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Es gibt immer eine Alternative zur Gewalt

Genau dort, wo der Nachwuchs Zuneigung, Fürsorge und Schutz erleben sollte, sind körperlich und seelisch verletzende Bestrafungen nach wie vor Alltagsrealität. In Liechtenstein wird durch die Kampagne «Gewalt-Frei erziehen» auf die Problematik aufmerksam gemacht.


Dass Gewalt in der Erziehung immer noch zu häufig vorkommt, zeigt eine Studie zum Bestrafungsverhalten von Eltern aus der Schweiz. Doch man kann etwas dagegen tun. Die Studie zeigt nämlich auf, dass gezielte Information und Unterstützung zur Gewaltprävention bei Eltern auf fruchtbaren Boden stösst. Für die Kinderlobby Liechtenstein – einem Netzwerk aus 24 Organisationen, die sich für die Interessen von Kindern und Jugendlichen einsetzen – ist dies Anlass genug, mittels Kampagne auf diesen Umstand hinzuweisen. Dadurch wollen die Mitglieder der Kinderlobby die Gesellschaft und insbesondere die Eltern für eine gewaltfreie Erziehung sensibilisieren, Aufklärungsarbeit leisten sowie Alternativen und Hilfsangebote aufzeigen.


Alarmierende Zahlen für Liechtenstein

Laut Margot Sele, Ombudsfrau für Kinder- und Jugendliche, erleben 30 Prozent der Kinder in Liechtenstein physische Gewalt, 26 Prozent werden von ihren Eltern ausgelacht, beleidigt oder beschimpft und 20 Prozent im Sinne einer Strafe ignoriert. Diese Zahlen stammen aus der Studie «Kinderrechte aus Kinder- und Jugendsicht» von Unicef Schweiz und Liechtenstein. An der Befragung haben insgesamt 3500 Kinder aus Liechtenstein und der Schweiz teilgenommen. Laut Sele wurden die Antworten der 287 Liechtensteiner Heranwachsenden separat ausgewertet.


Hinter der Kampagne stehen verschiedene Mitglieder und Partner der Kinderlobby, darunter die Ombudsstelle für Kinder- und Jugendliche, das Eltern Kind Forum, die Mütter- und Väterberatung, der Verein Kinderschutz.li, das Junge Theater Liechtenstein, aha – Tipps & Infos für junge Leute sowie das Amt für Soziale Dienste. Erreichen wolle man dadurch jene Eltern, denen in stressigen Situationen «mal die Hand ausrutscht» oder die «aufgrund blankliegender Nerven» ihre Kinder anbrüllen anstatt ruhig und klar Grenzen zu setzen, so Margot Sele.


Dabei ist sich die Ombudsfrau sehr wohl bewusst, dass Gewalt in der Erziehung oftmals nicht vorsätzlich zur Anwendung gelangt, sondern aufgrund einer Überforderung der Eltern oder im Zuge schwieriger Lebenssituationen entsteht: «Dadurch bereuen auch viele Eltern die Anwendung von körperlicher oder auch seelischer Gewalt sofort», sagt sie. Bei der Kampagne gehe es auch nicht darum, Eltern zu kritisieren. «Vielmehr sollen ihnen Alternativen zur Gewalt aufgezeigt werden.» Wichtig sei es, darüber zu sprechen und sich Unterstützung zu holen. «Denn gute Eltern zu sein, kann man lernen – genauso wie vieles andere auch», betont Margot Sele.

«Gute Eltern zu sein, kann man lernen – genauso wie vieles andere auch.»

Strategien, «Zündschnur» zu verlängern

Mittels Plakaten, Buswerbung, Website und Veranstaltungen wird seit September vergangenen Jahres auf die Thematik aufmerksam gemacht. Im Rahmen der Kampagne werden auch Beratungs- und Weiterbildungsangebote sowie Vorträge für Eltern organisiert. Margot Sele erzählt, dass die Kampagne sehr gut angelaufen sei. Besonders freut sie, dass das Feedback sowohl im In- als auch im Ausland bisher äusserst positiv ausgefallen sei. Durch Posts auf Social Media und Anzeigen auf LED-Tafeln sei die Thematik ausserdem im ganzen Land präsent, wodurch auch zum Nachdenken und darüber Reden angeregt werde. «Eine Spielgruppenleiterin, die unsere Plakate beim Eingang angebracht hat, berichtete uns beispielsweise, dass Eltern, die ihre Kinder abholen, dadurch zum Austausch unter einander angeregt werden», so Sele. Auf den Plakaten sind die Kinder Emma und Noah zu sehen, die beim Spielen, ganz ohne böse Absicht, gröberen Schmutz und Unordnung verursachen. Auf ihren T-Shirts steht: «Mami, zähl doch auf Zehn» oder «Papi, geh doch mal kurz raus». «Sie vermitteln also Strategien, wie Eltern ihre ‹Zündschnur› etwas verlängern könnten, damit sie nicht gleich explodieren.»

 

Wertvolle Links

Zeitungsbericht zum Download

Zur Person

Margot Sele Ombudsfrau Werdenbergerweg 20 9490 Vaduz


T +423 230 22 33 margot.sele@oskj.li


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